Lautsprecher "A Capella Fortüne"
Power and Emotion
von Rolf Linden-Brüning
Der Gegenstand dieser Besprechung
ist schon seit längerem in meinem Besitz und unterscheidet sich von daher
von bisher besprochenen Objekten, die zwar auch dann und wann, weil ich
einfach nicht anders konnte, in meinen Besitz übergingen, aber eben erst
im nachhinein. Dieser Lautsprecher begleitet mich jetzt seit fast drei
Jahren und hat inzwischen das eine oder andere Gerät. kommen und gehen
sehen Er hat geholfen, Verstärker und CD - Player zu beurteilen, auch
Plattenspieler und was man sonst noch so alles braucht. Inzwischen ist
er nicht auf den neuesten Stand, hat sozusagen eine Verjüngungskur durchgemacht.
Nicht, daß ich vorher etwas vermißt hätte, Kleinigkeiten finden sich immer,
aber sein Schöpfer Alfred Rudolph ist ein unermüdlich kreativer Workeholic
und als solcher selten zufrieden. Die Fortüne kann jetzt noch freier atmen,
wirkt noch dynamischer und räumlicher. Das verdankt sie einer Inpedanzkorrektur.
Aber langsam, erstens wissen Sie ja noch nichts über den Lautsprecher
und zweitens war nicht bei den Vorabsprachen für diesen Beitrag besagter
Herr Rudolph der Meinung, die technischen Parameter seien für eine Besprechung
nicht so wichtig, entscheidend seien vielmehr meine persönlichen Hörerfahrungen?
Ich denke, er hat diesbezüglich nicht Unrecht. In letzter Konsequenz hat
es mir die Fortüne aber nicht immer leicht gemacht, doch dazu im weiteren
Verlauf mehr.

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Das
heißt: Tiefmitteltöner oben, dann folgt der Hochtöner, daruter wieder
ein Tiefmitteltöner. Über Vor - und Nachteile streiten die Fachleute.
Da jedoch ein sehr hoher Prozentsatz der Entwickler diesem Prinzip huldigt,
spricht eher dafür. Die Größe der Wandler orientiert sich zwangsläufig
an der Breite der Frontplatte und die ist wie erwähnt mit 15cm nicht gerade
üppig. Das hat allerdings Vorteile, was die räumliche Abstrahlung anbelangt,
läßt jedoch keine Gewaltorgien im Baß zu. Manche Entwickler versuchen,
dieses Problem durch seitlich abstrahlende Tieftöner zu lösen, was in
der bruchlosen Abstimmung ebenfalls Schwierigkeiten birgt. Wozu der Baß
der Fortüne im Stande ist, werden wir noch sehen, zumal die Chassis ziemlich
große Hübe machen können. Da sie das bei einem. guten Konzept gar nicht
nötig haben, ist eine andere Sache und hier ist von einem solchem die
Rede. Kleiner Kormpromiß für Unver(bäß)erlich die Fortüne hat auf der
Rückseite eine Baßreflexöffnung, die sie eigentlich nicht braucht, weil
der Lautsprecher im offenen Betrieb an Homogenität verliert und dennoch
nicht tiefer in den Frequenzkeller geht. Ein dann vorhandener Peak bei
50 Hz gaukelt das lediglich vor. Also bitte geschlossen betreiben. Anschauen
und in die Hand nehmen sollten sie unbedingt die mit Filz umwickelten
Holzstäbe, die als Verschlußstopfen dienen. Diese vermitteln eine deutlich
höhere Wertigkeit, als die sonst üblichen Schaumstoffpropfen. Noch kurz
etwas zu den Hochtönern: Ich würde sie, da sie etwas nach hinten versetzt
in einen kleinen Trichter agieren, als "halbe" Hörner bezeichnen.
Wen wundert es, bei einen Konstrukteur, der mit Vorliebe seit langem sehr
erfolgreich große Hornsysteme baut, wie mein Redaktionskollege Marco Kolks
sicherlich gerne bestätigt. Vielleicht sollte noch Erwähnung finden, daß
die Auswahl an hölzernen Oberflächen recht groß ist. Mein Exemplar ist
Kirsche furniert mit schwarzen Holzwangen und Sockel.
Genug der Formalitäten, jetzt
soll es richtig losgehen. Bevor die A Capella mein Domizil betrat, übrigens
auf Empfehlung einiger Fachleute aus den sogenannten High End-Bereich,
hörte ich auch Kritisches: Sie sei eine "Diva", reagiere unter Umständen
etwas empfindlich auf vorgeschaltete Komponenten. Nun, mit meinen Electrocompanietverstärkern,
die ich seiner zeit noch betrieb, lief es von Beginn an hervorragend.
Diese Verstärker zeichnen sich durch ein sehr ausgewogenes, nie überanalytisches
Klangbild aus und sind daher für die Mehrzahl aller Lautsprecher gut verdaulich.
Es kann sein, daß der Lautsprecher mit tendenziell sehnig und wenig subtantiell
klingender vorgeschalteter Elektronik seine Probleme bekommt, aber ob
diese ein Maßstab für musikalische Wiedergabe sein sollten, steht auf
einem anderen Blatt. Bei mir lief die Fortüne gleichwohl hervorragend
mit Elektrocompaniet, Omtec., Trigon, Fase, Röhrenelektronik von BME sowie
Cary Audio und derzeit mit der ausgezeichneten CSE-Transistorendstufe
von Eckhardt Grünsch. Ein Freund beitreibt sie mir. AVM- Elektronik -
auch das ist kein Problem. Dennoch gilt wie immer: Vor dem Kauf grundsätzlich
ausprobieren!
Kommentar Ein ganz anderes Thema ist die richtige Aufstellung und
da hat mir dieser Lautsprecher in der Tat viel Arbeit bereitet. Möglicherweise
sind aber nur Raumprobleme deutlicher geworden, die schon immer vorhanden
waren. Nun bin ich kein Freund von Monitorlautsprechern, die es in der
Regel zwingend notwendig machen, recht nahe an das Klanggeschehen heranzurücken.
Zugegebenermaßen ist gerade diese Aufstellungsvariante oft hilfreich hei
raumakustischen Schwierigkeiten. Umso näher man als Hörer dran (manchmal
schon drin sitzt), um so weniger kann der Raum hinsichtlich der Abbildungsqualität
Einfuß nehmen. Mir ist diese Form der Wiedergabe in der Mehrzahl der Fälle
einfach zu direkt.
Mein Musikzimmer mißt etwa 6,70 m x 4,70 m bei einer üblichen Höhe von
2,50 m. Es hat fast über eine ganze Längsseite eine große Glasscheibe,
die so belassen für harte Reflektionen sorgt. Ansonsten ist die Bedämpfung
gut. Große, deckenhohe Bücher- und Schallplattenregale befinden sich gegenüber
den Lautsprechern. Ein Dreisitzer- und ein Zweisitzer-Sofa, ein Sessel,
Tisch, CD-Regal, sowie ein Klavier (auch nicht ohne, weil mitschwingend)
komplettieren die Einrichtung. Hochwüchsige Pflanzen auf der Fensterbank
dienen vor der Scheibe als Diffusor, notfalls kann ein Vorhang vorgezogen
werden, wobei die Variante mit den Pflanzen die bessere Lösung ist. Zwischen
den Lautsprechern nach hinten versetz steht eine Bananenstaude, die des
öfteren für Irritationen sorgt, aber als weiterer Diffusor ebenfalls positive
Wirkung zeigt. Irritarionen deshalb, weil das Verschieben der Pflanze,
beispielsweise für ein Wandern der Stimme in Richtung der Bewegung sorgt.
Interessant ist auch die Auswirkung eines etwa 1 x 1 Meter großen Carrom-Boards.
Dabei handelt es sich um ein Brettspiel, ähnlich wie Billard, nur mit
Holzscheiben und anderen Spielregeln, das in meiner Familie einen hohen
Beliebtheitsgrad erreicht hat und das ich somit gerne weiter empfehle.
Wenn dieses. Brett hinter einem Lautsprecher versetzt steht, neigt der
Tieftonbereich einem etwas hohlen Charakter.Ist es entfernt, stimmts wieder.
Ich erzähle das deshalb, um Ihnen deutlich zu machen, welchen Einfluß
vermeintliche Kleinigkeiten auf das Klanggeschehen haben. Beachtet man
sie nicht, kommt man zu einem falschen Ergebnis und tut womöglich dem
Produkt Unrecht. Nun, das nur am Rande.
Mein Hörwohnzimmer hat, obwohl es optisch ideal wirkt, ein Grundproblem.
Trotz aller Kunstkniffe existieren längs in das Zimmer gespielt, je nach
Sitzplatz, Auslöschungen im Tieftonbereich. Viele Versuche blieben in
letzter Konsequenz aber unbefriedigend. Wandere ich näher an die Rückwand,
ist der Baß kräftiger, die Abbildung jedoch flacher. Gehe ich weiter nach
vorn, erzeugen gerade die A Capella eine erstklassige räumliche Abbildung,
doch auf Kosten von Substanz.
Bevor mir klar war, daß es sich hier um ein raumbedingtes akustisches
Problem handelt, habe ich den Fehler verschiedenen Komponenten zugeschrieben,
die zwar immer einiges veränderten, aber keine wirkliche Lösung darstellten.
Es ist also nicht damit getan, in einem solchen Fall nach einer baßspotenteren
Endstufe zu suchen. Denn das weite Auseinanderziehen der Lautsprecher
auf etwa 3,20 m verbunden mit einem relativ starken Anwinkeln brachte
die ersehnte Besserung. Nun war und ist es bis in die tiefen Baßregionen
tonal absolut stimmig. Die Fortüne kann geschlossen betrieben nach Auskunft
des Entwicklers in den Frequenzgangkeller bis 40 Hz hinabsteigen. Allerdings
spielt sich das Klanggeschehen bei dieser Aufstellung nur primär zwischen,
hinter, vor den Lautsprechern und nicht optimal in der Höhe ab. Alfred
Rudolph meint; daß sich ein Teil dieser Probleme mit einen Tonbasen und
Big Blocks hätte in Griff bekommen lassen, was ich allerdings bisher noch
nicht ausprobieren konnte. Möglich, sogar wahrscheinlich, dass ich hier
noch mehr herauskitzeln - das ist ja fast immer so und wo kämen wir High
Ender mit unserem Hobby denn hin, wenn es keine Experimentiermöglichkeiten
mehr gäbe. Aber eins ist klar, Musikhören kann ich in diesem Stadium schon
ganz hervorragend.
Das äußert sich unter anderem
darin, daß ich beim Griff ins CD- oder Plattenregal nicht mehr nach klanglichen
Gesichtspunkten auswählen rnuß, sondern mich ganz unbefangen an meinem
musikalischen Gelüsten orientieren kann. Ich höre derzeit mit folgenden
Komponenten: im Phonobereich mit Scheu-Plattenspieler (Acrylbasis, bleigefüllt)
und SME 3012, Denon DL-103, Benz-Scheu-Low-output, diversen Ortofon-Tonabnehmern,
Omtec Antares Pre Pre, Omtec Anturion CP-2-VV, Gruensch-Endstufe. Ich
gehe übrigens direkt vom Gruensch-CD-PIayer auf die Enstufe aus gleichem
Hause. Verkabelt ist das ganze im NF-Bereich mit Omtec-Verbindungen beziehungsweise
den exzellenten Electrocompaniet-NF-Kabeln (Informationen beim Vertrieb
MRV, MatthiaRorh 09131/52996).
Jetzt möchte ich Ihnen natürlich
nicht vorenthalten, was die Fortüne uns in dieser Konfiguration zu Gehör
bringt. Von Anfang an fasziniert mich die Dynamik, entsprechende Elektronik
vorausgesetzt, mit der dieser Duisburger Wandler zuwege geht. Die CD "Blues
Blues Blues" mit Jimmy Rogers und seinen Allstars macht nur Spaß, wenn
die Anlage schnell und dynamisch mitgehen kann. "Bright Lights Big City"
zeigt auf livehaftige Art und Weise, daß der richtige Drive vorhanden
ist. Schon bei dieser Scheibe fällt auf, daß alles stimmt.
Becken funkeln,
dezente Tupfer bleiben in ihrem Charakter halt feinzeichnend. Die Musik
spielt ausgewogen und ganz selbstverständlich, sie fließt schlackenlos
aus den Lautsprechern. Das läst sich auch bei der CD, sie ich früher gerne
und oft als LP hörte und die jetzt als digitales Remastering vorliegt,
leicht nachvollziehen: Auf The Who "Live at Leeds" beiweist sich einmal
mehr, was für ein außergewöhnlicher Drummer Keith Moon war. Er imponiert
nur mit seiner kraftvollen Art, sein Schlagzeug zu spielen, begleitet
von einer Gruppe, die durch ihre Vielseitigkeit und grenzenlose Dynamik
besticht: Ein kaum zu übertreffendes Zeitdokument. Eigentlich habe ich
mich bezüglich der kleinen Baßchassis der Fortüne zunächst gar nicht getraut,
diese Scheibe aufzulegen. Was dann aber aus diesem Lautprecher kommt,
verblüfft mich absolut. Die Drums von Keith Moon sind wuchtig geschlagen,
werden knochentrocken, mit Power und irrwitzigem Drive in den Raum transportiert
und das bei einer ziemlich deftigen Lautstärkepegel. Nichts zerrt oder
komprimiert. Die Baßchassis, und das wundert mich doch sehr, bewegen sich
kaum. Erstaunlich, Alfred Rudolph, erstaunlich! Die neue Santana zeigt
anschließend, wie man ganz im Interesse der Hörers Gitarrensound vollmundig
und griffig in den Raum wuchtet. Wenn man das bisher Erwähnte in Kombination
sucht und den Blues liebt, wird man am ehesten auf der CD "In Session"
mit Albert King und Stevie Ray Vaughan fündig. Jetzt sind Sie nämlich
live dabei: "Power and Emotion!" Natürlich schwingt in dieser Beschreibung
schon ein gehöriges Maß an Euphorie mit. Doch sie ist gerechtfertigt.
Nehmen wir zum Beispiel die One-Microphone-Aufnahme von Chris Whitlev,
die mit ihrer vorbildlichen räumlichen Disziplin nicht hinterm Berg hält.
Der Sänger steht greifbar vor Ihnen. Dieses Solokonzert zeigt. mir deutlich,
wie authentisch die A Capella Musik und Dreidimensionalität zu vermitteln
vermag. Leider wird nach Aussage meines Händlers diese Aufnahme nach relativ
kurzem Erscheinen nicht mehr vertrieben. Wenn Sie irgendwo noch eine ergattern
können, greifen Sie zu. Denn dies ist mit Sicherheit eine der stärksten
Soloproduktionen, die ich kenne. Die musikalische Ausrichtung würde ich
mir Bluesfolkrock umschreiben. Supertramps "somethings never change" führt
uns dann in eine Vielzahl typischer Melodien dieser Band. Ja, die die
Fortüne beherrscht auch das Fließende, Harmonische außerordentlich gut.
Patricia Barbers Liveaufnahme "Companion" zählt auch noch zu den Scheiben,
die sich vor allem Freunde des Jazz, aber auch die der ausgewogeneren
Rockmusik nicht entgehen lassen sollen. Hier ist die andere Seite der
Musik fühlbar: emotionale, ausdrucksstarke Gesangsdarbietung, körperhaft
und substantiell, gleichwohl bissig und scharf, wenn es sein muß. Zudem
ist das gesamte Spektrum einer Hammondorgel zu hören, und da geht es in
den höheren Regionen gerade eben an der Schmerzgrenze vorbei. Übrigens,
die Interpretation von "Black Magic Woman" ist eine der gelungensten dieses
Titels mit einer großen Bandbreite an musikalischen und stimmlichen Variationen.
Klassik habe ich ebenfalls gehört. Tschaikowikys Violinkonzert mit Anne
Sophie-Mutter (DG) vermittelt über diese Lautsprecher schlichtweg perfektes
Geigenspiel: emotional packend und geradezu mitreißend vorgetragen. Ähnlich
ergeht es mir mit alten Aufnahmen von Jascha Heifetz, dessen ganz eigene
Art mich immer wieder begeistert. Und die Power eines gut besetzten Orchesters!
Witches Brew (Living Stereo LSC-222S) belegt bei "Danse Macabre" eindeutig,
daß Dynamik und Kraft nicht im Gehäuse eingeschlossen bleiben müssen.
Auch die Größenabbildung stimmen im Rahmen dessen, was sich von einem
solchen Orchester noch in ein Wohnzimmer transportieren läßt. Es ist übrigens
nicht notwendig, die Fortüne an ein Kraftwerk mit über 300 Watt Ausgangsleitung
zu hängen, wie ich es getan habe. Sie spielt kaum weniger dynamisch mir
Röhrenendstufen, die ein Zehntel dieser Leistung liefern. Bei einem Wirkungsgrad
von 89 dB kann man im von einer Einschränkung der Auswahl hinsichtlich
der Verstärkerleistung nicht sprechen. Ich habe, und auch das trug zur
Klangverfeinerung bei, die Fortüne auf sogenannte "Skeets" von Linn gestellt.
Alfred Rudolph sieht natürlich lieber seine Tonbasen darunter.
Fazit: Mit der A Capella-Fortüne habe ich in meinem Wohnzimmer
einen Lautsprecher stehen, der wirklich alle Kriterien, die ich an einen
Lautsprecher stelle, mit Ausnahme der absoluten Tiefbaßfähigkeit (unter
40 Hz) ohne Einschränkungen erfüllt. Auf den berühmten Punkt gebracht,
heißt das pure "Power and Emotion". Dieser Wandler ist in der beneidenswerten
Lage, das gesamte musikalische Spektrum zu vermitteln, ohne etwas hinzutun
zu müssen, was auf dem Tonträer gar nicht vorhanden ist: ein Künstler
der Auflösung und räumlichen Darstellung. Sie müssen sich jedoch zunächst
mit ihm beschäftigen, ihm die Rahmenbedingungen verschaffen, die er braucht.
Dann allerdings werden Sie unendlich lange Freude an ihm haben und wenn
es noch etwas zu verbessern gibt, können Sie sicher sein, daß die Firma
A Capella Audio Arts Sie nicht im Regen stehen läßt. Ach übrigens, die
Fortüne ist wirklich eine Diva, eine wirklich aufregende - aber nicht
allzu kapriziös. RLB
Produkt: A Capella Fortüne
Vertrieb: A Capella Audio Arts
Koloniestrasse 203
47057 Duisburg
TeI. 0203/361222
Fax. 0203/361111
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